Burkhard Treude privat

„Eigentlich bin ich ganz anders, nur komm ich so selten dazu.“
(Ödön von Horváth)

Geboren wurde ich bei Kerzenlicht (die englischen Besatzungstruppen hatten gerade den Strom abgestellt) in Brilon (Hochsauerland). Als Sohn eines heimatverbundenen Schulmeisters wuchs ich in Dortmund auf. Ging in Berghofen zur Grundschule, wo mein Vater Rektor war. Mein Abitur machte ich am naturwissenschaftlichen Gymnasium in Schwerte/Ruhr. Obwohl meine Begabungen eher bei den Geisteswissenschaften liegen, schaffte ich es (mit Mühe) zusammen mit fünf anderen Schülern aus meiner Klasse, nach neun Jahren die Hochschulreife zu erwerben. In dieser Zeit engagierte ich mich bei den Jungen Europäischen Föderalisten, organisierte den deutsch-französischen Jugendaustausch zwischen Schwerte und dem nordfranzösischen Béthune (Pas-de-Calais). Später, während meines Studiums, war ich Mitgründer und Vorsitzender der Hochschulgruppe des Europäisch-Föderalistischen Studentenverbands (EFS) an der Ruhr-Universität Bochum.

Meine Liebe zu allem Angelsächsischen entstand während der vielen Sommerferien, die ich als Jugendlicher und Student in Richmond, Surrey, südwestlich von London verbrachte. Noch heute halte ich Kontakt zur Familie meiner damaligen Gasteltern, die mir in der Phase der Spätpubertät quasi eine Nachsozialisierung als Ausgleich zu der miefig engen Situation des Deutschlands der Adenauer-Ära angedeihen ließen.

Burkhard Treude mit Katze Lucky, die leider im August 2006 gestorben ist

Als junger Bursche betrieb ich Leichtathletik beim OSV Hörde (heute OSC Dortmund), der damals auf die Deutschen Meisterschaftstitel bei den Mittelstreckenläufen der Männer und beim Sprint der Damen - vor allem in den Staffeln - quasi abonniert war.

Von Kindheit an bin ich dem BVB 09 verbunden. Noch heute leide ich, wenn die Borussia schlecht spielt; und genauso kann ich vor Freude heulen, wenn sie gewinnt. Begeistert singe ich den alten Jerry-and-the-Pacemakers-Song You'll never walk alone mit, bevor Norbert Dickel, der "Held von Berlin 1989" nach Van Halen's "Jump" die Mannschaftsaufstellung im Stadion bekannt gibt.

1966 begrüßte ich das Team mit Tausenden anderer Fans am Dortmunder Hauptbahnhof, als es den Europapokal im Endspiel gegen den FC Liverpool geholt hatte. Nach den letzten Erfolgen in Meisterschaft und Pokal fuhr ich mit meinem Fahrrad jeweils eine Ehrenrunde um den Borsigplatz, die Wiege der Borussia (eine dieser Geschichten, die meine Enkel schon jetzt mit "Haben wir schon hundert Mal gehört!" quittieren). Manchmal wundere ich mich selbst darüber, wie abhängig ich meine Gefühlslage davon mache, mit welchem Erfolg die BVB-Jungs vor den Ball treten.

Im entscheidenden Spiel der Saison 2011/12 gegen Gladbach, mit dem der BVB die 8. Deutsche Meisterschaft perfekt machte, war ich natürlich im Stadion. Zu beobachten, wie die Südkurve bebt, verursacht Gänsehaut. Zwei Sterne prangen nun auf dem Trikot der Borussia. Damit hat Dortmund den Erfolg der Gladbacher "Fohlen"-Elf aus den 1970er Jahren egalisiert, die ebenfalls fünfmal Meister in der Bundesliga wurde. Das Champions-League Halbfinal-Rückspiel gegen Malaga am 9. April 2013 trieb mich von tiefster Depression in höchste Euphorie. Gut, dass ich niemals vor Spielende das Stadion verlasse. Sonst hätte ich die letzten beiden Treffer, die das Match in der Nachspielzeit noch für Dortmund drehten, nicht mitbekommen. Und auch wenn's mal nicht so gut läuft: an mir und meinem Sohn Tim liegt es nicht. Zusammen mit der Südkurve feiern wir die Mannschaft auch dann, wenn sie nicht gewinnt. Hauptsache, sie kämpft. Die Mannschaft auszupfeifen, nur weil sie verliert, käme uns nicht in den Sinn: So etwas tun nur "Erfolgsfans". Ich halte es mit Dietmar Bär, dem Tatort-Kommissar aus Köln. Gefragt, ob er BVB-Fan sei, antwortete er: "Ich bin kein Fan. Ich bin Borusse!" Oder, wie man hier in Dortmund sagt: "Borusse kannze nich lern. Borusse bisse."

Übrigens: ich gehöre nicht zu den Schalke-Hassern. Wie man in Köln sagt: "Man muss auch jönne könne!" (wenn's nicht grad ein Sieg von S04 gegen Dortmund ist)

Seit 40 Jahren beschäftige ich mich mit spirituellem Yoga; vor langer Zeit habe ich mal eine Ausbildung zum Meditationslehrer gemacht. Meine Erfahrungen haben mich offen werden lassen dafür, in allen Religionen, Konfessionen, spirituellen Wegen und humanistischen Weltanschauungen den gemeinsamen Kern zu sehen. Jegliche Art von Missionieren und Anspruch auf einen allein seligmachenden Weg sind mir fremd. Eine strikte Trennung von privater Ausübung spirituell-religiöser Orientierung und Politik empfinde ich als eine der wichtigsten Errungenschaften unserer bundesrepublikanischen Gesellschaft, an der allerdings mancherorts noch gearbeitet werden sollte. In den 1980er Jahren habe ich ehrenamtlich für einen Hospital-Bus, der im indischen Bundesstaat Maharashtra die bettelarme Landbevölkerung versorgte, die Bestückung mit Arzneimitteln organisiert. Schon damals war ich voller Dankbarkeit dafür, in einem Deutschland zu leben, das allen Bürgern eine bezahlbare Krankenversorgung bietet.

Gerne interviewe ich Menschen, um mehr über deren Lebensgeschichte zu erfahren. Inspiriert hat mich dazu der Schriftsteller Walter Kempowski (1929 - 2007), den ich das Vergnügen hatte, verschiedentlich in seinem Haus in Nartum bei Bremen besuchen zu dürfen. Manchmal bitten mich Menschen, denen ich nahe stehe, für verstorbene Angehörige die Trauerrede zu halten. Das ist eine Aufgabe, die mich einerseits fordert und andererseits erfüllt.

Heute lebe ich mit meiner Frau Gisela dort, wo ich in meiner Kindheit so gern gespielt habe: am Lohbach, wo wir vor vielen Jahren im Grünen ein Haus ganz nach unseren Bedürfnissen - und denen unserer Katzen Maxi, Trixi und Lucky, die leider alle schon verstorben sind - gebaut haben.

Katze Trixi  Kater Maxi 

Unsere Kinder sind längst erwachsen - und mittlerweile sind wir schon zum vierten Mal Großeltern. Unsere liebste Freizeitbeschäftigung ist das Radfahren; in nur 25 Minuten sind wir von Berghofen aus in der Dortmunder Innenstadt oder in den wunderschönen Ruhrwiesen bei Schwerte. Besonders gern besuchen wir den Rombergpark, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts als "englischer Landschaftspark" angelegt wurde und Mitte der 1920er Jahre durch einen Botanischen Garten erweitert wurde. Regelmäßig spiele ich Pétanque auf einer der von der Stadt Dortmund herrlich angelegten Boule-Bahnen - das erhält die Erinnerung an schöne Frankreich-Urlaube aufrecht.

Feuerwehrgerätehaus Dortmund-Berghofen. Foto: Burkhard Treude

Zurzeit beschäftige ich mich im Rahmen des (von mir 2015 mitgegründeten) gemeinnützigen Vereins „Unsere Mitte Steigerturm e.V.“ damit, wie wir die Mitte unseres Dorfes (das mittlerweile schon über 12.000 Einwohner zählt) wieder beleben können. Die vielen Bauernhöfe und „Kotten“ (Nebenerwerbsbauern) hatten sich in früheren Zeiten um einen kleinen Platz herum angesiedelt, den unsere Altvorderen „Op’m Suəgemarkt“ (westf. Plattdeutsch für „Schweinemarkt“) nannten. Heute steht hier der „Steigerturm“ (in anderen Gegenden Deutschlands auch „Schlauchturm“ genannt) mit dem ehemaligen Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr. Der Berghofer "Löschtrupp 13" hat an anderer Stelle neu gebaut. Unsere Initiative will die Landmarke als Begegnungsort mit einem Kultur- Bildungs- und Heimatforum sowie einem Bürgerbüro für die Berghofer Bevölkerung erhalten.

Im Blog "Aktuelles" veröffentliche ich regelmäßig Informationen über Berghofen und den Steigerturm. Der Verein ist auch auf Facebook präsent.
Zusammen mit dem Bergbauspezialisten und Montanhistoriker Dr. Volker Schacke habe ich im April 2019 ein Buch über den alten Steinkohlenbergbau in Berghofen herausgegeben. Das Manuskript stammt ursprünglich von meinem Vater Helmut Treude: "Die Steinkohlenzeche Elisabeth in Dortmund-Berghofen/Loh 1731 - 1855", hrsg. von Volker Schacke und Burkhard Treude, Eigenverlag, Dortmund 2019 (produziert bei ZEITDRUCK, leider vollständig vergriffen).

Das Foto rechts von Jörg Bauerfeld (RuhrNachrichten) zeigt mich bei der Beschäftigung mit dem Manuskript meines Vaters im Februar 2017.

Darüber hinaus halte ich seit einiger Zeit Bildvorträge über das Leben zwischen Kriegsende und 1969. Ich habe mittlerweile ein ziemlich großes digitales Archiv mit Fotos aus jener Zeit, die mir von Privatpersonen zum Ablichten zur Verfügung gestellt worden sind. Meine Vorträge halte ich in Seniorenheimen, Begegnungsstätten und bei Vereinen. Eine meiner Veranstaltungen heißt "Früher war alles besser! - Oder?" und räumt anhand vieler Beispiele mit dem Klischee auf, dass heute alles schlechter sei. Mein Ziel ist es, unter dem Motto "Opa erzählt von früher" Kindern und Jugendlichen einen humorvoll-kritischen Zugang zur Geschichte ihrer Großeltern zu verschaffen.

 

Foto: Jörg Bauerfeld, RuhrNachrichten

 

 

 

Kulturhauptstadt Europas 2010: Zeche Zollverein, Essen

Das Ruhrgebiet ist unsere Heimat, mit der wir uns identifizieren. Den Großraum betrachten wir als Einheit - vergleichbar eigentlich nur mit New York, einem unserer früher bevorzugten Reiseziele. Mittlerweile ist Paris unser Favorit. Die Verhüllung des Arc de Triomphe nach den Plänen von Christo und Jean-Claude haben wir im September 2021 fast drei Wochen lang bis zur Vollendung begleitet. Wir nutzen das vielfältige kulturelle Angebot der gesamten Ruhr-Region - speziell die vielen Museen. Unser Hauptinteresse gilt der modernen Malerei und der Fotografie. 2009 ist das Emil-Schumacher-Museum in Hagen, das sich ausschließlich dem - häufig großformatigen - Werk des Meisters des Deutschen "Informel" nach 1945 widmet, eröffnet worden: eine echte Augenweide! Der Anbau der Küppersmühle in Duisburg durch das Architekturbüro Herzog & de Meuron hat dem Ruhrgebiet 2021 noch einmal einen ganz wichtigen Impuls verliehen.

Ein paar andere Maler der Moderne, die ich besonders schätze: Gotthard Graubner, Willem de Kooning, Giorgio Morandi, Serge Poliakoff, Jackson Pollock, Mark Rothko, Sean Scully, Clyfford Still, Antoni Tàpies. Von den Bildhauern mag ich vor allem Bernhard Luginbühl und Jean Tinguely, aber auch Alexander Archipenko, Constantin Brancusi, Alexander Calder, Barbara Hepworth und Henry Moore, um nur einige zu nennen. Einen ganz besonderen "Draht" hatte ich zu der leider 2021 verstorbenen Bildhauerin Anna -Maria Kubach-Wilmsen, die zusammen mit Ihrem Ehemann Wolfgang Kubach ganz wundervolle Steinbücher herstellte.

Ich mag vor allem melodischen Jazz und Big-Band-Swing (mein Lieblings-Jazz-Pianist ist der Bretone Didier Squiban), gern höre ich Improvisationen von Keith Jarrett und spätromantische Klaviermusik (vor allem die Russen haben es mir angetan). Dire Straits und Bryan Adams törnen mich an, und zur Entspannung gönne ich mir Paul Simon oder Diana Krall. Die amerikanischen Gitarristen William Ackerman, Robbie Basho und Alex deGrassi versetzen mich mit ihrer Musik in eine meditative Stimmung. Als energetisierend empfinde ich amerikanische Bluegrass-Musik. Joan Baez mag ich nicht nur wegen ihrer wunderbaren Stimme, sondern auch deshalb, weil sie sich politisch gegen die Trump-Rechte in den USA einsetzt. Im Bereich der Klassik gehört die französische Pianistin Hélène Grimaud zu meinen Lieblings-Künstlerinnen.

Übbrigenz, kennze dehn? "Ey, hömma! Ich hap ne Tur inne Tropen gewonn!" - "Nä, wohin denn?" - "Ja, übaall. Lanstrop, Castrop, Waltrop, Bottrop. Willze nich mitkomm?"

Burkhard Treude, November  2023  http://www.b-treude.de